„Still, stumpf, beschäftigt mit Kartoffelschälen, verlegt"

Das Buch zur Sonderausstellung „Still, stumpf, beschäftigt mit Kartoffelschälen, verlegt" dokumentiert Ergebnisse eines Forschungsprojekts, das Frauen als Opfer der ­„Aktion T4“ ins Zentrum rückt. Die zugleich erste regionale Studie zur Umsetzung der ersten Phase der „Euthanasie“ im Regierungsbezirk Lüneburg kommt unter anderem zu dem überraschenden Schluss, dass Lüneburger Psychiatriepatientinnen ein größeres Risiko als ihre männlichen Mitpatienten trugen, Opfer des Patientenmordes zu werden. Als erkrankte Haus- und Ehefrauen sprach man ihnen eine Nützlichkeit für die „Volksgemeinschaft“ ab. Dies war wesentliches Kriterium ihrer „planwirtschaftlichen Verlegung“ in die Tötungsanstalt Hadamar.

Insgesamt wurden in den Jahren 1940 bis 1941 im Rahmen der „Aktion T4“ 70.000 Psychiatriepatientinnen und -patienten in fünf Anstalten und einem Zuchthaus ermordet, darunter mindestens 228 Lüneburger Patientinnen.

19 hier veröffentlichte Lebensgeschichten dieser ermordeter Frauen gewähren tiefe Einblicke in die rassenbiologische Verfolgung und damit verbundene Familienschicksale. Zugleich wird aufgezeigt, wie Lüneburg als damaliges Machtzentrum ideale Voraussetzungen für die Umsetzung des Konzepts der „Volksgemeinschaft“ und für die Radikalität der „rassenhygienischen Maßnahmen“ vor Ort bot. Die Lüneburger Heil- und Pflegeanstalt war auf dem Gebiet Niedersachsens auch deshalb die Einrichtung, die sich am stärksten an der „Aktion T4“ beteiligte.